
Solar
Spitzentechnik sucht händeringend Ingenieur
Patricia Kreissmann ist eine von 250 Ingenieuren, die bei der rheinland-pfälzischen Juwi-Gruppe Windparks, Fotovoltaik- und Biogasanlagen genehmigen, planen, aufbauen und betreiben. Etliche Anlagen hat die Umweltingenieurin auf den Weg gebracht und darauf geachtet, dass Budgets und Zeitplanung eingehalten werden. Ihr aktuelles Projekt ist der Fotovoltaikpark im brandenburgischen Lieberose, der nach seiner Fertigstellung die größte Solaranlage Deutschlands sein wird. Das Geschäft brummt, auch in der Krise. Dieses Jahr wird Juwi seinen Umsatz vermutlich um 200 Mio. Euro auf 600 Mio Euro steigern. Für 2011 peilt der Konzern 1 Mrd. Euro an. Auch die Zahl der Mitarbeiter wächst rasant. 700 sind es derzeit, 300 mehr als 2008. 1000 sollen es 2011 sein. Juwi sahnt reihenweise Umweltpreise ab, allein drei für die besonders energieeffiziente Firmenzentrale. Kreissmann schätzt an ihrem Arbeitgeber nicht nur die Aufgabe. “Wir haben hier flache Hierarchien und gute Aufstiegsmöglichkeiten für junge Leute”, sagt sie. In der hauseigenen
Optimistische Branche
Akademie werden Neueinsteiger in die Grundlagen der regenerativen Energietechnik der Finanzierung und des Projektmanagements eingeführt. Zum Ausgleich gibt es einen Fußballplatz, einen Fitnessraum und ein Beachvolleyballfeld. Was für sie aber noch viel wichtiger ist: Juwi hat eine eigene Kita. Das gute Betriebsklima hat sich herumgesprochen. 1000 Bewerbungen landen pro Monat auf den Schreibtischen der Personalabteilung. Von Ingenieurmangel ist bei Juwi nichts zu spüren. “Die Energiebranche ist von der Wirtschaftskrise nicht so sehr betroffen”, sagt Hermann-Josef Wagner, Professor an der Ruhruniversität Bochum und Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt. Lediglich in der Solar- und Windbranche seien Einstellungsrückgänge zu verzeichnen. Grundsätzlich ist die Energiewirtschaft aber optimistisch.
Das ist gut so. “Denn es gibt viele junge Leute, die sich gerade für den Bereich der regenerativen Energien interessieren und deshalb auch ein Ingenieurstudium wählen”, meint Wagner. Es wäre ein fatales Signal, wenn die derzeit starken Studienjahrgänge keine Anstellung fänden.
Hoher Personalbedarf bei den Erneuerbaren Stellenmarkt Der Wissenschaftsladen Bonn hat im ersten Quartal 2009 insgesamt 1567 Stellenanzeigen im Bereich Erneuerbare Energien gezählt. 2006 waren es nur 528. Nachholbedarf Derzeit werden vor allem Mitarbeiter für den Service und die Montage der Anlagen gesucht – also vor allem Ingenieure. Der Wissenschaftsladen registrierte 408 offene Stellen – fast viermal so viele wie 2007.
Leidenschaftliche Mitarbeiter gesucht
Neben Großunternehmen wie Juwi gibt es in der Branche aber auch etliche kleine Firmen. Dazu zählt beispielsweise Sunmachine. Die Bayern bauen Mikro-Blockheizkraftwerke mit besonders verschleißarmem Sterling-Motor. Einsatzgebiet: vornehmlich Ein- bis Zweifamilienhäuser, die damit heizen und gleichzeitig Strom erzeugen, den sie ins Netz einspeisen können. 2005 wurde Sunmachine mit dem Bayerischen Gründerpreis ausgezeichnet. 150 Mitarbeiter beschäftigt Sunmaschine derzeit, etwa 30 davon in der Entwicklung. “Wir brauchen Leute mit Leidenschaft”, sagt Personalreferentin Anja Vogele. Dominik Springer ist einer davon. Er hat sich bewusst für ein kleineres Unternehmen entschieden, weil er glaubt, dort mehr bewegen zu können. “Mich hat das breite Spektrum an spannenden Techniken gereizt, die künftig noch weiter ausgebaut werden”, sagt Springer, der mit einer Initiativbewerbung bei Sunmachine gelandet ist.
Auch er ist Umwelttechniker und damit bestens für den Job ausgebildet. Dass er häufig mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten muss, stört ihn nicht. Mit seinen 27 Jahren sei er noch jung. Außerdem habe er keine Familie, da sei das nicht so wichtig.Wer sich für Energietechnik interessiert, muss aber nicht unbedingt zu jungen Unternehmen oder Start-ups gehen. “Von fabelhaften Steigerungen der Energieeffizienz bis zur Abscheidung von CO bieten auch die konventionellen Kraftwerke reichlich Innovationspotenzial und technisch anspruchsvolle Aufgaben” sagt VDI-Experte Wagner. Im Kampf um die besten Köpfe lässt sich beispielsweise der Energieriese Eon einiges einfallen. Hochschulmarketing, Praktikantenprogramme, ein Stipendienprogramm während des Master-Studiums oder eine Beteiligung bei Femtec, dem Karrierenetzwerk für Frauen an der Technischen Universität Berlin. Außerdem will Eon die viel beschworene Work-Life-Balance verbessern. Diskutiert werden intern Themen wie Telearbeit, Kinderbetreuung, Gesundheit am Arbeitsplatz. “Und wir legen großen Wert darauf, die Leute kontinuierlich weiterzubilden – sowohl auf fachlicher als auch auf persönlicher Ebene”, sagt Monica Wertheim, bei Eon verantwortlich für Arbeitgeberreputation. Mittlerweile setzt auch Eon auf regenerative Energien. 2007 gründete der Konzern die Sparte Eon Climate and Renewables (EC&R). Sie soll dazu beitragen, den Anteil der erneuerbaren Energien an der produzierten Gesamtleistung von derzeit 13 auf 18 Prozent im Jahr 2015 und 36 Prozent in 2030 zu steigern. “Die Windindustrie muss sich von der Boutique zur Großindustrie entwickeln”, sagt Frank Mastiaux, Vorstandsvorsitzender von EC&R. Und dazu brauche es engagierte Ingenieure.
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