GFE ein Jahr danach: Betrugsfall beschäftigt Justiz in ganz Bayern

GFE-Firmengebäude in Nürnberg 16.08.2011
Ziemlich zerfetzt die Fahnen, unbenutzt die Büros: Das frühere GFE-Firmengebäude in Nürnberg. Foto: Heinz Wraneschitz

Am 30.11.2010, also genau vor einem Jahr, gab die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth bekannt: die Nürnberg-Schweizer GfE-Gruppe (Gesellschaft zur Förderung Erneuerbarer Energien) hat offenbar über 1200 Blockheizkraftwerks-Käufer nach übern Tisch gezogen. Nun erfuhren die potenziellen Betrugsopfer bei einer Gläubigerversammlung Tage: Sie haben Chancen, an die Vermögensreste der insolventen GfE Energy AG zu kommen. Inzwischen beschäftigt der GFE-Betrugsfall die Justiz in ganz Bayern. Vor allem ein Ingenieur aus Rheinland-Pfalz wirkt als Rächer des Hauptbeschuldigten: Unter anderem gibt es bereits mehrere Verfassungsbeschwerden.

Gut 60 Mio. Euro haben Anleger der GfE überwiesen. Etwa zwölf Mio. davon soll der Fürther Insolvenzverwalter Jochen König inzwischen gefunden und gesichert haben. Den Rest des Geldes kassierten die 49 Beschuldigten sowie Vermittler. Auch Material hat die GfE beschafft. Das verschwand aber teilweise unter mysteriösen Umständen wieder aus der Fertigungshalle.
Dennoch glaubt ein Erfinder und Ingenieur aus Rheinland-Pfalz: die 49 Beschuldigte, sieben von ihnen seit einem Jahr in U-Haft, sind Justizopfer. Ihnen will Tüftler Herbert B. (Name geändert) mit einer Verfassungsbeschwerde sowie Anzeigen gegen die halbe Nürnberger Justiz helfen. 
B. sieht sich als eine Art weißer Ritter, der gegen das Böse in Justiz, Behörden, Energiewirtschaft, Politik und Presse kämpft. Er schützt das Gute, aus seiner Sicht die GfE. An deren behaupteter Entwicklung eines BHKW will B. beteiligt gewesen sein. Das sollte über 90% des eingespritzten Pflanzenöls direkt in Strom umwandeln; üblich sind unter 50%. Schon tausendfach hat B. erklärt, dass besagte Böse die “innovative BHKW-Produktion verhindern” wollen.
B.`s Missionen beschäftigen seit einiger Zeit eine Armada bayerischer Beamten in Justiz und Verwaltung. Erst am 13. Oktober hatte der Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags eine B.’sche Petition auf der Tagesordnung. “Da es sich um ein gerichtliches Verfahren handelt, war die nicht zu behandeln und wurde aufgrund der Unabhängigkeit von Gerichten und Justiz abgelehnt”, erläutert Landtags-Vizepräsidentin Christine Stahl (Grüne) unserer Redaktion.
Nach Briefen an Ministerpräsident Horst Seehofer und andere weißblaue Politiker, oft ergänzt um vielseitige Kopien anderer Schriftstücke von und an Gott und die Welt, hat B. eine neue Taktik eingeschlagen. Nun richtet er eine “Strafanzeige in Sachen >Ermittlungsverfahren gegen die GFE-Group< an Justizministerin Beate Merk  persönlich."
Der Grund: Unter den von ihm Angezeigten sind eine Nürnberger Polizeibeamtin, drei namentlich benannte StaatsanwältInnen, ein Ermittlungsrichter am Nürnberger Amtsgericht. Nicht zu vergessen “die verantwortlichen (Ober-)Staatsanwälte in der Generalstaatsanwaltschaft, Richter am Landgericht und am Oberlandesgericht”, natürlich auch alle in Nürnberg tätig.
Doch die Begründung wird Herbert B. wohl recht wenig nutzen, auch wenn sie in der Behauptung gipfelt: “Die Staatsanwaltschaft hat im Zusammenwirken mit der Kripo und dem Ermittlungsrichter direkt nach dem 30.11.2010 umfangreiches Material zu den tatsächlichen Gegebenheiten bei der GFE-Group beseitigt und unterdrückt.” Denn laut der Sprecherin des Justizministeriums ist ihr Haus “nicht die richtige Behörde für Anzeigen. Wir leiten solche Schreiben stets an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter”, in diesem Fall also voraussichtlich wieder an Nürnbergs Generalstaatanwaltschaft.
Im Namen von Horst K., einem der beiden GfE-Gründer, hat Herbert B. Verfassungsbeschwerde beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BVGH) eingereicht. Die ist rechtlich zulässig. Denn das Oberlandesgericht Nürnberg hat am 30. September (Aktenzeichen 2 WS 485-489/11) K.s Haftbeschwerde abgelehnt. “Damit sind alle anderen Rechtsmittel ausgeschöpft”, begründet B. seine Beschwerde. Er hofft, der BVGH wird das von ihm vermutete Unrecht “Horst K.s elf Monate Untersuchungshaft” beenden.
GfE-Gründer K. hat selbst bereits das Bundesverfassungsgericht angerufen, weil er “in Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte, meine Frau Silvia nicht sehen, geschweige denn in den Arm nehmen konnte. So was ist menschenverachtend.” Silvia K. sitzt ebenso wegen des GfE-Falls seit 2010 in bayerischer U-Haft, wie weitere fünf Beschuldigte.
Prof. Dr. jur. Martin Maslaton, einer der Vizepräsidenten des Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B-KWK) und renommierter Energierechtler, ist da anderer Meinung: “Die Kraft-Wärme-Kopplung KWK – ob klassisch, wie auch auf biogener Basis, das sind grundsolide technische Einrichtungen, die letztlich dem Klimaschutz dienen. Wir als B-KWK können nur mit Bedauern feststellen, dass dieses klassische Schneeballsystem auch in unseriösen Vertriebssträngen unserer Branche Einzug hält.”
Und inzwischen entscheiden auch Gerichte zumeist für die offenbar geprellten Anleger, also gegen jene insgesamt 49 Personen, gegen die laut Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Ermittlungen laufen. Bei vielen Beschuldigten hat beispielsweise ein Potsdamer Anwalt “Geld gefunden. Auf über 20 Konten sind zwischen 450.000 und 220.000 Euro drauf.” Wegen der auch vom Nürnberger Landgericht bestätigten “gesamtschuldnerischen Haftung” ist er sicher: Seine Mandanten bekommen ihr Geld für die gekauften aber nie gelieferten BHKW zurück. Zwar “nicht heute und morgen. Aber da kommt kein Insolvenzverwalter mehr dran.”
HEINZ WRANESCHITZ

 

Willi Harhammer

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