Mit 85 noch auf Anti-Atom-Demos

Walter Bay ist der wahrscheinlich älteste Kernkraft-Gegner aus Ingersheim
Rüstig, aber alles andere als rostig – wenn dieser Spruch auf einen 85-Jährigen zutrifft, dann wohl auf den Ingersheimer Walter Bay. In seiner Freizeit geht er mitunter auf Anti-Atomkraft-Demos.
Fit im Oberstübchen und eine Solaranlage auf dem Dach: Walter Bay ist Atomkraft-Gegner und mit 85 Jahren noch richtig auf Zack. Foto: Helmut Pangerl
Walter Bay hat eine klare Devise: “Man sollte über nichts reden, wovon man keine Ahnung hat.” Ein Grundsatz, dem der Ingersheimer folgt – auch wenn das bedeutet, dass er mit über 80 ein Windkraftrad erklimmen muss. Erneuerbare Energien sind seit jeher Walter Bays Thema. Atomkraft lehnt er strikt ab. Seine Frau ist vor Jahren an Krebs gestorben. Das ist einer der Gründe.
Erst vor ein paar Tagen hat Bay seinen 85. Geburtstag gefeiert. Dass er den Großteil seines Lebens bereits hinter sich hat, bedeutet nicht, dass er nicht mehr am Leben teilnimmt. Häufig ist der Rentner auf Achse, schaut sich Blockheizkraftwerke und Wasserkraftanlagen an, besichtigt Windparks oder demonstriert vor dem Kernkraftwerk Neckarwestheim. 228 Stimmen hat er für die Schließung des Atommeilers gesammelt. Und auf sein Auto hat er Anti-Atom-Aufkleber gepappt.
Neben Walter Bays Haustüre hängt ein Blumenkasten. Darin sitzt ein kleiner batteriebetriebener Vogel, der auf Bewegung reagiert. Kommt jemand vorbei, beginnt er zu zwitschern. Bays Hallo ist herzlich. Im heimelig eingerichteten Esszimmer kredenzt er Kuchen, den er selbst gebacken hat, während seine Lebensgefährtin in der Küche Kaffee kocht. Aus einer Schublade zieht er später stapelweise Zeitungsartikel, Fotos, Flugblätter – ordentlich abgeheftet und die wichtigen Passagen mit Textmarker angestrichen. Es geht um den undichten Atommüll-Salzstock Asse, um die neue Bundesregierung, die die Atomkraftwerke weiterlaufen lassen will, aber auch um positive Beispiele erneuerbarer Energien, wie den Windpark in Queckbronn, der nach anfänglichen Bedenken von den Bürgern gut angenommen worden sei, so Bay.
Seit Jahren gehört Bay zu der Initiative um den Ingersheimer Harald Bender, Gemeinderätin Hanne Hallmann und den Besigheimer Solarunternehmer Heinrich Blasenbrei-Wurtz, die sich für den Bau eines Windrades auf Ingersheimer Gemarkung einsetzt. Ob es klappen wird? Bay hofft darauf, kennt aber auch die Vorurteile. “Die Leute stören sich an der Optik, denken, dass es zu laut ist und zu viel kostet.” Über Überlandmasten beklage sich keiner, und um den Gewinn, den ein Windrad für die Genossenschaftler bringe, wüssten viele nicht. Dass ein Windrad obendrein umweltverträglicher wäre als ein Kernkraftwerk, versteht sich von selbst.
Walter Bay ist einer, der nicht nur redet, sondern auch handelt. Weil ihm die Monopolstellung der vier großen Stromanbieter (EnBW, Eon, Wattenfall und RWE) gegen den Strich ging, wechselte er zu den Stadtwerken Schönau. “Die fördern erneuerbare Energien.” Vor drei Jahren, da war er 82, hat er zudem sein Haus auf Solarenergie umgerüstet. Auf seiner Garage ließ er Photovoltaikmodule installieren, und aufs Hausdach kam eine Solartherme. Im Falle eines Stromausfalls steht in der Garage ein Generator bereit. Mehrere tausend Euro hat er für alles ausgegeben. Eine lohnende Investition, der Ölverbrauch seiner Zentralheizung habe sich um 400 bis 500 Liter jährlich reduziert.
Fein säuberlich hat Bay den Zählerkasten seiner Solaranlage beschriftet. “Falls mal was sein sollte, ich aber nicht da bin, soll auch ein Fremder wissen, was zu tun ist.” In seinem Haus hat alles seinen Platz. Er ist ein geradliniger Typ. Als “knitzes, aufgeschlossenes schwäbisches Original” beschreibt ihn eine Bekannte. Auch Walter Bay selbst sagt: “Ich bin für alles offen.”
Im Zweiten Weltkrieg war Bay in der Marine. U-Boot. Wochenlang schipperte er durch die Weltmeere, kam bis nach Indonesien. 1947 kehrte er nach Ingersheim zurück, machte eine Ausbildung zum Elektromaschinenbauer. Sein Ausbilder – “ein patenter Mann” – habe damals gesagt: “Jeder Mensch hat eine Idee.” Unabhängig von Herkunft oder Bildungsgrad. Auch das hat sich Walter Bay zum Grundsatz gemacht.
DOMINIQUE LEIBBRAND

Willi Harhammer

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