Wie sicher sind Kernkraftwerke?

Die Atomkraft ist nach Krümmel-Problemen in der Diskussion. Die Frage, die sich stellt: Wie sicher sind Kernkraftwerke? Der Bund Umwelt Naturschutz Deutschland BUND hat in einer neuen Studie erkannt: “Unsicher” und fordert “Abschalten”. Nicht nur für Krümmel, sondern alle Reaktoren der “Baulinie 69”, zu der auch das bayerisch-antiquarische Exemplar Isar 1 gehört. 

Vor einer Woche musste der Atommeiler Krümmel kurz nach dem Hochfahren wieder “schnellabgeschaltet” werden: Schuld soll ein Transformator gewesen sein, der trotz jahrelanger Reparatur des Kraftwerks nicht richtig funktionierte. Seitdem ist die Sicherheitsfrage bei Kernkraftwerken wieder in aller Munde.

Ein Grund: Kernkraft-Betreiber Vattenfall gab beim jüngsten Krümmel-Störfall Details wieder nur nach und nach preis. Erfahrungsgemäß handeln auch die anderen “Großen” Eon, EnBW und RWE kaum anders, wenns brenzlig wird in ihren AKW. Vielleicht auch deshalb fordert der Bayerische Bund Naturschutz nun mit Hilfe einer neuen BUND-Studie: “ISAR 1 abschalten!” Denn der alte Reaktor nahe Landshut stammt aus derselben Baulinie 69 wie Krümmel.

 

Isar 1 abschalten – fordert der Bund Naturschutz Bayern (Foto: Eon)

Bisher konnten die Atomstromproduzenten auf Verständnis der Aufsichtsbehörden hoffen. Doch nun scheint sich etwas zu bewegen: Im Schleswig-Holsteinischen Umweltministerium wird laut darüber nachgedacht, dem Krümmel-Betreiber Vattenfall die Betriebserlaubnis entziehen.

Dabei machen Staat und Kernkraftindustrie oft gemeinsame Sache bei der Atomsicherheit: Milliarden öffentlicher Forschungsgelder flossen und fließen zum Beispiel in gemeinsame Projekte der privaten Siemens-KWU (jetzt: Areva) und der staatlichen Gesellschaft für Reaktorsicherheit GRS. Ein kaum bekanntes Riesenprojekt der 1980er und 1990er Jahre: UPTF.

UPTF steht für “Upper Plenum Test Facility”; jahrelang wurde simuliert, ob denn im Notfall ein Kernkraftwerk überhaupt sicher zu stoppen ist. Niemand sollte wie im russischen Tschernobyl durch Tests an einem möglicherweise hochgehenden Reaktor gefährdet werden. Deshalb wurde am konventionellen Großkraftwerk Mannheim geforscht. Sogar die Japaner und Amerikaner machten an diesen Versuchen mit: Dabei wurden an einem, der Wirklichkeit 1:1 nachempfundenen Modell AKW-Notsituationen simuliert.

Wissenschaftler von GRS und KWU schrieben gemeinsam Berichte fürs damalige Wirtschaft- und Atom-Ministerium BMWi. “Sicherheitsmargen, die dem Notkühlsystem von Druckwasserreaktoren innewohnen, können für die untersuchten Transienten zuverlässig quantifiziert werden”, ist beispielsweise im 1999 veröffentlichten GRS-Report A 2679 wissenschaftlich zusammengefasst.

Und etwas verständlicher: Fielen bei den in den 1970 Jahren gebauten AKW “wenn auch weit ab von jeder Realität alle acht für die Förderung von Notkühlwasser vorhandenen Pumpen aus”, dann “kann der Kern lange Zeit vor dem Schmelzen bewahrt werden.” Wie lange genau, schreiben die Autoren ausdrücklich nicht.

Wiederholen und nachprüfen lassen sich die Tests jedenfalls nicht mehr: Schon lange vor Erscheinen von “A 2679” wurde die “Upper Plenum Test Facility” am Großkraftwerk Mannheim abgebaut. Erste “Zusammenfassungen” der UPTF-Versuche erschienen als GRS-Berichte 100 und 101 bereits 1992. Doch obwohl sich die Bundesrepublik diese Arbeiten mehr als eine Milliarde Mark (gut 500 Millionen Euro) kosten ließ, scheinbar nur auf Englisch.

Noch nicht einmal das Internet-Lexikon Wikipedia weiß etwas von UPTF. Und das heute für Reaktorsicherheit zuständige Bundesumweltministerium sagt gegenüber der BSZ nichts über Konsequenzen aus den milliardenschweren UPTF-Versuchen für deutsche AKW.

Dennoch will die GRS weiter forschen, obwohl sie ständig wiederholt, was im Bericht “A 2679” steht: “Die Sicherheit deutscher AKW ist auf jeden Fall gewährleistet.” Gibt es etwa bei den staatlichen Reaktorschützern inzwischen Zweifler, die nicht mehr alles glauben, was ihnen jene Industrie in Sicherheitsberichten “vor-schreibt”, die selbst mit Kernkraftwerken Geld verdienen will?
HEINZ WRANESCHITZ

Willi Harhammer

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