Wüstenstrom: Nein, danke!

Großkonzerne mit Desertec auf dem falschen Weg

 

Mit Solarkraftwerken in den Wüsten Nordafrikas 20 Prozent des Stroms für Europa produzieren: Das Projekt “Desertec” machte in den letzten Wochen ziemlich viele Schlagzeilen. 400 Milliarden Euro sollen die Wüstenstromerzeuger kosten; bis 2050 soll es soweit sein, hat sich die Desertec Foundation von der Forschungsorganisation DLR ausrechnen lassen. “Nur die Fläche der Größe von Mallorca” sei dafür notwendig, heißt es.

Was steckt dahinter? Ist Vorsicht geboten? Weiterlesen!

  

Solarspiegelkraftwerk Quelle: Solar Millennium AG

Mit Solarkraftwerken in den Wüsten Nordafrikas 20 Prozent des Stroms für Europa produzieren: Das Projekt “Desertec” machte in den letzten Wochen ziemlich viele Schlagzeilen. 400 Milliarden Euro sollen die Wüstenstromerzeuger kosten; bis 2050 soll es soweit sein, hat sich die Desertec Foundation von der Forschungsorganisation DLR ausrechnen lassen. “Nur die Fläche der Größe von Mallorca” sei dafür notwendig, heißt es.

Wer oder was steckt dahinter? Die oft mittelständische Solarwirtschaft jedenfalls nicht! Die “Desertec Industrial Initiative”: Das sind Großkonzerne, die nach eigener Aussage “den Umbau der Energieversorgung vorantreiben” wollen. Und alle kommen aus der Energie- und Finanzwelt.

Doch umbauen: Genau das wollen sie nicht. Denn je größer ein Kraftwerk, umso besser, ist auch heute schon das Motto von Eon, Vattenfall, EnBW und RWE, den “vier Großen” der deutschen Stromwirtschaft. Geld will auch ein weltweit tätiger Versicherer beisteuern: Die Münchner Rück ist mittendrin, statt nur dabei.

Warum sich die Umweltschützer von Greenpeace vor den Desertec-Karren spannen lassen, wird nicht klar. Aber den “Großen” geht es darum, die Macht an den Energieflüssen in ihren Händen zu behalten: Bei Desertec würden zuerst Fördergelder von Bund und EU auf die Konten der Konzerne fließen. Und später die Stromkosten von Bürgern und Wirtschaft.

Vielleicht steckt aber auch die Idee dahinter, nach der Bundestagswahl und dem von der Industrie erhofften Politikwechsel zu Schwarz-Gelb den künftig Regierenden zu sagen: “Warum lasst Ihr noch übers Erneuerbare Energien-Gesetz EEG diese kleinen Solaranlagen finanzieren? Der Strompreis aus diesen Minidingern wird nie sinken! Schafft das EEG ab und lasst uns machen: Wir machen den Solarstrom billig!” Würden Merkel, Westerwelle und Co jubeln “JAAA!” schreien?

Ein Achtel der Investitionssumme, 50 Mrd. Euro, ginge allein für den Bau der Leitung drauf, die den Sonnenstrom aus dem Schwarzen auf den Weißen Kontinent leiten soll. Gigantische Zahlen; monströse Bilder; Großtechnik also. Alles fein säuberlich vom elitären “Club of Rome” in ein aktuelles “Red Paper” und ein “White Paper” geschrieben.

Nahezu identische Ideen: Die gab es schon vor Jahrzehnten. Bereits um 1980 propagierte Ludwig Bölkow, der große, alte Vordenker der deutschen Solarszene, den “Solaren Wasserstoffkreislauf”: Mit Hilfe von Solarkraftwerken sollte in der Sahara Wasserstoff produziert, nach Europa transportiert und hier als Strom und Wärme verbraucht werden.

Und es gab auch noch die “Solar-Wasserstoff-Welt”; eine Vision des Ex-AEG-Direktors Reinhard Dahlberg: Beide Konzepte unterschieden sich nur in Nuancen voneinander. Beide setzten auf großtechnische Lösungen, gigantische Investitionen in Kraftwerke in den Wüsten Nordafrikas.

Anfang der 1990er Jahre probierte der (damals noch Staatskonzern und) Energieriese Bayernwerk AG in Neunburg vorm Wald das Bölkow-Konzept im Kleinen aus. Und heute will der Bayernwerk-Nachfolger Eon bestimmt dabei sein, wenn die Desertec-Planungen beginnen.

 

Im Ergebnis würde Desertec nicht nur auf Jahrzehnte die weiterhin, trotz zwangweisem “Unbundling” funktionierende Macht der großen Energiewirtschaft einzementieren: Der Wüstenstrom hätte noch weitere Nachteile.

1) Der “Energiekolonialismus” würde fortgeschrieben! Heute holen wir reichen Länder Öl und Gas aus Afrika und Südamerika, um unseren Energiehunger zu stillen – bald würde es Sonnenstrom aus der Wüste sein. Für die Bewohner dieser Landstriche änderte sich nichts; die Energie würde exportiert: Die Grundbesitzer hätten etwas davon, aber nicht die “kleinen Leute” dort.

2) Dezentrale Solar- oder Windkraftwerke arbeiten hierzulande effektiv: Das beweist seit einem Jahrzehnt die deutsche Erneuerbare-Energien-Branche! Und für weitere Solarmodule sind noch viele leere Dächer da! Diese Investitionen werden von “kleinen” Energieversorgern gestemmt: von Hausbesitzern oder von örtlichen Initiativen. Weil sie vom EEG, vom Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren. Doch dieser Aufschlag auf den Strompreis flösse dann auf die Konten der Großen!

3) Das Wüstenklima würde verändert durch solche Großkraftwerke! Und weil unser Klima weltweit vernetzt ist, käme es auf der ganzen Erdkugel zu Klimaverschiebungen. Wie die aussehen würden, das weiß niemand. Es heißt, Ludwig Bölkow habe kurz vor dem Tod seine Solar-Wasserstoffideen widerrufen; genau wegen einer drohenden Klimaveränderung. Denn irgendwo würde der Regen fehlen, der dann auf die Wüste fiele. Vielleicht bei uns?

 

Die altbekannten Kritiker der Solarwirtschaft – oft in Reihen der Unionsparteien oder FDP zu finden – stehen Desertec meist unkritisch gegenüber. Dagegen äußern gerade Befürworter von Umweltenergien starke Vorbehalte. Hans-Josef Fell, einer der “Väter” des EEG und Grüner Energiesprecher im Bundestag beispielsweise. “Es liegt auf der Hand, dass in den Ländern Nordafrika auch Strom zum Eigenverbrauch erzeugt wird. Es würde keinen Sinn machen, nur den Export nach Europa zu forcieren.”

Hermann Scheer, Präsident der überparteilichen Vereinigung Eurosolar wirft ein: “Bis zu dem Zeitpunkt – frühestens 2020 -, zu dem Solarstrom aus Nordafrika zu den von Desertec versprochenen Preisen geliefert werden kann, wird die Solar- und Windstromerzeugung in Europa bereits deutlich preisgünstiger sein.”

Und Udo Möhrstedt, Chef der IBC Solar AG aus Bad Staffelstein, fragt sich, “ob es wegweisend ist, die Stromproduktion zu zentralisieren? Solarenergie ist von Haus aus dezentral, da die Sonne überall scheint.”

 

Von solchen Einwänden ist in den Desertec-Papieren nichts zu lesen. Da ist nur ausführlich beschrieben, dass solarthermische Spiegelkraftwerke in der Wüste geplant sind. Bölkow oder Dahlberg wollten dagegen ihre Solarprojekte mit direkt stromerzeugenden Solarmodulen bauen. Aber deren Ideen gleich 1:1 kopieren: das trauten sich die Desertec-Initiatoren rund um den Club of Rome dann wohl doch nicht.

HEINZ WRANESCHITZ

Willi Harhammer

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